Erwin Z – der Ausrolltisch

von Paula Zimmermann

„Eine Kombination aus verschiedenen Werkstoffen“

Darf ich vorstellen: Ein Tisch. Ein Tisch wie ich ihn brauche. Ich lebe in ständiger Bewegung und Veränderung. Mein Möbelstück muss dabei genau so flexibel sein wie mein Alltag. Genau aus diesem Grund fand ich meine Inspiration aus der Zeit des Bauhauses. Eine Epoche in der auf überflüssige Details verzichtet wird und man sich auf das Wesentliche konzentriert: die Funktion eines Möbels. Ein Mensch aus dieser Zeit, der mich besonders beeindruckt ist die Designerin, Architektin und Künstlerin Charlotte Perriand. Nur wenig Werke sind von ihr bekannt, bzw. werden ihr zugeschrieben, da sie als Frau meist im Schatten des Architekten Le Corbusier steht. Umso wichtiger ist es mir, im Rahmen meines Meisterprojekts mich mit ihrer Person zu beschäftigen und von ihr inspirieren zu lassen. Meine Hauptinspirationsquelle ist „Ospite“: ein stufenlos verlängerbarer Tisch mit beweglichen Lamellen aus Metall aus dem Jahr 1927. Wie 127 auch ihre Kolleg*innen zu der Zeit, stellte Charlotte Perriand den Nutzen des Möbels an erste Stelle. Details, die ausschließlich dem Design dienen, finden hier kein Platz.

„Ich entwerfe ein Möbelstück niemals als Möbelstück an sich, sondern für einen architekturalen Raum und einen präzisen Zweck unter Berücksichtigung von Nutzung, Technik und Harmonie.“ (Charlotte Perriand)

Inspiriert von diesem Gedanken entwickelte ich meinen ganz persönlichen Ausziehtisch. Der Fokus liegt dabei ausschließlich auf seiner Funktion, da das Möbel so vielfältig sein muss wie die Anforderungen, die ich an dieses habe:

Ein Tisch für Einzel- und Gruppenarbeit. Für kleine und große Räume und Projekte jeglicher Art. Ein Tisch als Treffpunkt für zwei und auch acht Menschen; der mir viel Fläche zu Verfügung stellt, auf der ich Pläne, Bilder, Bücher, Notebook und vieles mehr ablegen kann. Kurz gesagt: ein Tisch, der meine Bedürfnisse erfüllt und sich in mein (Arbeits-)Leben integriert.

„Alles ändert sich so schnell, und was auf dem neusten Stand der Technik ist wird es im nächsten Moment nicht mehr sein. Die Anpassung muss kontinuierlich erfolgen – das müssen wir wissen und akzeptieren. Alles sind Übergangszeiten.“ (Charlotte Perriand)

Und so lasse ich aus einzelnen Lamellen eine geschlossene Tischplatte entstehen, um eine individuelle Länge des Tisches, je nach Gebrauch, zu ermöglichen.

Eine große Herausforderung war für mich die Einbindung der Mechanik in die Holzkonstruktion. Denn mein Ziel ist eine einfache und intuitive Bedienung.

Daher entschied ich mich, die Mechanik in Form der aufgerollten Tischplatte zwischen dem hinteren Beingestell sichtbar zu lassen und nicht in einem Kasten zu verstecken, so dass es gleichzeitig ein optisches Highlight ist.

Meine selbst entwickelte Federwelle liegt im Inneren der aufgerollten Tischplatte, während die restliche Mechanik unter der Tischplatte verborgen ist und lediglich durch die Kurbel am Tischende angedeutet wird.

Bei der Holzauswahl entschied ich mich für europäische Kirsche. Ein Holz das durch seinen warmen Farbton beruhigend wirkt und Raum für kreative Gedanken lässt. Ein Holz das durch sein Nachdunklen die Zeit sichtbar durchlebt und zeigt, das Holz ein lebendiger Werkstoff ist.

Das Meisterstück ist für mich etwas ganz besonderes, da ich bei diesem Projekt eine ganz neue Herangehensweise für mich entdeckt habe: die Konzentration auf die Funktion und danach erst die gestalterische Umsetzung eines Möbels. Dazu kommen der Einsatz und die Einbindung einer sehr anspruchsvollen Mechanik.

Ich freue mich dieser Herausforderung gestellt und etwas erschaffen zu haben, was mich noch lange auf meinem Weg in die Selbstständigkeit begleiten und unterstützen wird.

Meisterwerk von Paula Zimmermann 11
Meisterwerk von Paula Zimmermann 10

Das Meisterheft entsteht in Zusammenarbeit mit:
Juan Molina Foodphotography

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