Ein Schreibtisch wie eine Skulptur
von Nils Beimgraben
„Denn wahrhaftig steckt die Kunst in der Natur – wer sie heraus kann reißen, der hat sie!“
-Albrecht Dürer
Etwas Außergewöhnliches wollte ich schaffen. Zum einen, weil ich in meinem Leben wohl kein zweites Meisterstück fertigen werde. Zum anderen, weil es ein Geschenk für meine Frau sein sollte, als Dank für ihre Unterstützung während der Lehrjahre und Prüfungsvorbereitungen. Praktisch sollte es sein. Etwas, das Teil unseres
täglichen Familienlebens wird. So kam ich auf einen Schreibtisch und die Frage, wie ich den besonders gestalten könnte. Schon lange begeistere ich mich für Bildhauerarbeit und Schnitzkunst. Daher habe ich beim Entwerfen zunächst nicht wie ein Tischler gedacht, sondern nach einer organischen Form gesucht. Mein Schreibtisch sollte anmuten, als wäre er aus einem einzigen Stück gearbeitet – wie eine Skulptur. Die vielen technischen Arbeitsschritte des Messens und Berechnens sollten unsichtbar werden. Aktuellen Design-Trends wollte ich nicht folgen. Nicht eckig, sachlich oder geradlinig sollte es werden. Das passt alles nicht zu meiner Frau. Weiche, harmonisch fließende Formen gefallen ihr schon eher. Beim Holz habe ich mich für Charakter entschieden: Rüster ist störrisch, aber nie langweilig. Schon bei den zu verleimenden Flächen fordert es den Tischler heraus. Es lässt
sich nicht wie ein Plattenmaterial beliebig zusammensetzen. Dafür bietet es als heimisches Holz Eigenschaften, die sonst nur Tropenhölzer bieten. Vor allem die lebendige Färbung gefällt mir. Gedämpft lässt es sich zudem gut biegen. Bei der Arbeit ist mir klar geworden, dass ich lieber einzelne Holzteile forme, als aus verschiedenen
Holzteilen eine Form zu schaffen. So ist mein Meisterstück mehr als nur Ausweis meines handwerklichen Könnens – es hat mir geholfen, mich auf meine ureigenen Interessen zu besinnen und einen persönlichen Stil zu finden.
Ich hoffe, es gefällt meiner Frau.



